Ein Gastbeitrag von ÖSFK-Mitarbeiter Peter Emrich.
Die derzeitige Flüchtlingskrise im und um das Mittelmeer stellt ihre Anrainerstaaten vor neue Herausforderungen. Einerseits werden die Grenzen der EU so stark bewacht wie noch nie in ihrer Geschichte, andererseits will es die Vernunft, dass man Menschen, die aus den Krisengebieten Afrikas und des arabischen Raums nach Europa flüchten, nicht einfach im Mittelmeer ertrinken lässt.
So ist der Schritt der europäischen Politik das Projekt „Mare Nostrum“ im letzten Jahr auszusetzen und durch das Grenzsicherungsprogramm „Triton“ von Frontex zu ersetzen nicht ganz nachvollziehbar. Durch „Mare Nostrum“ sind 130.000 Menschen gerettet worden, nun wird durch militärisches Gerät ie EU-Außengrenze geschützt. Grenzen schützen bedeutet Abwehr, also Abwehr von MigrantInnen unter dem Deckmantel des Schutzes. Seit dem Einsetzen von „Triton“ wurden wieder vermehrt Schiffbrüchige von Handelsschiffen gerettet. Dies liegt auch daran, dass die Frontex-Operation ein weitaus kleineres Gebiet, als die Vorgängeroperation „Mare Nostrum“, kontrolliert und somit die politisch Verantwortlichen sich aus ihrer Verantwortung stehlen. Jenes Bild, das sich daraus ergibt, ist für BeobachterInnen eines, welches nicht viel Platz für Hoffnung auf eine Besserung der Situation lässt.
Neben den politischen AkteurInnen auf diesem Gebiet haben sich zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen gegründet, die diese Tragödie vor den Toren Europas nicht einfach tatenlos hinnehmen wollen. Bei diesem zivilgesellschaftlichen Engagement geht die Bandbreite vom Aufzeigen von Missständen in der europäischen Flüchtlingspolitik, bis hin zu akuter Hilfe Betroffener. „Watch the Med“ ist eine transnationale Plattform, die seit Herbst 2014 ein Notruftelefon für in Seenot geratene Flüchtlinge anbietet. Bei einem Notruf wird sofort die Küstenwache des zuständigen Landes benachrichtigt und Alarm geschlagen, wenn die Hilfe verweigert wird. Ein weiteres Projekt im Mittelmeerraum ist „borderline-europe“, welches die Situation vor Ort erfasst und durch Dokumentation und Publikationen an die Öffentlichkeit trägt.
Das Problem der politischen Unbeweglichkeit ist aber nicht nur im Mittelmeerraum zu verorten. Vor Kurzem wurde dies auch in Österreich erkennbar. Hunderte Flüchtlinge, die es bis nach Österreich geschafft hatten, müssen, da keine geeigneten Unterkünfte vorhanden sind, in Provisorien (Zelten) leben. Sogar das Angebot des Verteidigungsministers, die Flüchtlinge in leeren Liegenschaften des Bundesheeres unterzubringen, stieß auf Unwillen.
Auch in solchen Situationen ist die Zivilgesellschaft gefragt. Das Projekt, „Flüchtlinge Willkommen Österreich“, ist eine Plattform, auf der sich Menschen, welche wohnhaft in Österreich sind, melden können, um ihre Wohnung mit einem Flüchtling zu teilen und das freie WG-Zimmer zur Verfügung stellen. Die Miete wird durch Crowdfunding lukriert und die Plattform steht mit rechtlichem Beistand zur Seite.
So vielfältig zivilgesellschaftliches Engagement auch ist, so vielfältig sind auch die Fragen die mit dem Thema verbunden sind. Der Zivilgesellschaft kommt vermehrt eine tragende Rolle in der globalen Konfliktbearbeitung zu. Sei es bei Friedensverhandlungen, humanitären Einsätzen in Kriegen oder bei Umweltkatastrophen – zivilgesellschaftliches Engagement ist unerlässlich.
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Ein Forum, das einen kritischen Blick auf die vielfältigen Aktivitäten von Zivilgesellschaft in internationalen Krisen- und Konfliktgebieten bieten möchte, ist die 32. Sommerakademie des Friedenszentrums an der Burg Schlaining im Burgenland. Vom 05. – 10. Juli diskutieren über 20 ExpertInnen zum Thema „Zivilgesellschaft im Konflikt“ im Rahmen von Workshops und Vorträgen. Die Festrede wird der Politikwissenschaftler Ulrich Menzel halten und über Möglichkeiten und Grenzen zivilgesellschaftlichen Friedensengagements vor dem Hintergrund seiner kritischen Theorie der Internationalen Beziehungen sprechen.
Über die Sommerakademie
Die Internationale ÖSFK-Sommerakademie behandelt seit mehr als drei Jahrzehnten friedensrelevante Themen. Hierzu kommen jährlich im Juli 150 bis 300 Teilnehmende unterschiedlichen Alters auf die um 1270 errichtete Burg in Stadtschlaining im Burgenland. Im Studienzentrum werden aber auch zivile ExpertInnen für Friedensmissionen und Einsätze in Konfliktgebieten ausgebildet und vorbereitet und Veranstaltungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und verschiedene andere Kooperationen abgehalten.
Nähere Infos: http://www.aspr.peacecastle.eu/
Anmeldung und Programm