Fußball-WM: Einmal Klischee für alle

Die Männer grillen und grölen, die Frauen shoppen und sind schön: Die Fußball-WM präsentiert sich als munterer Reigen der Geschlechterstereotype

In Sofas eingeschmolzene Männer, mit von Pizza und Burger öligen Fingern, umstellt von Bierflaschen und mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen Einfalt und Enthemmung changiert: So stellt sich die bildproduzierende Werbeindustrie den männlichen Fußballfan vor. So zeigt sie ihn in ihren Spots, die vor, während und nach den Spielen für Griller, Steaks, Autos oder Wettbüros werben.

Das Bild der weiblichen Fans ist ähnlich eingeschränkt: wallende Mähne, sexy Kurven, die porentief reine Haut mit den Landesfarben bemalt, werfen sie selbstvergessen die Arme in die Luft, wenn die Jungs auf dem Rasen die Wuchtel ins Netz der Wahl machen. Die Kameras fixieren dankbar geifernd die hübschen Gesichter auf den Rängen. Es könnte ja eine “Spielerfrau” darunter sein, die uns die überwiegend männlichen WM-Kommentatoren sogleich schelmisch-informiert vorstellen. Inklusive diverser Nebenjobs wie Dessousmodel oder TV-Moderatorin.

Endlich essen, was er nicht mag

Die Fußball-WM will für Buntheit stehen, doch die Geschlechterbilder, die das Event produziert, sind mehrheitlich schwarz-weiß. Den Vogel hat diese Woche die deutsche “Bild der Frau” abgeschossen, die ihren Leserinnen ernsthaft Tipps gab, was man während 90 Minuten Sinnvolleres machen könnte, als “mit hunderten von schwitzenden Fans mit Bierfahne vor einer Leinwand zu brüllen” (was Männer halt so tun). Darunter Ratschläge wie jenen, doch die Spieldauer zu nützen und endlich einmal etwas zu kochen und zu essen, “was er nicht mag”. Das Darben der Damen ist zu Ende, wenn der Anpfiff erklingt.

Bierholen wird belohnt

Frauen könnten sich auch bei ihren Männern beliebt machen und Bier holen, rät das Magazin. Denn: “Danach haben Sie zehn Wünsche frei: Massage, die teure Tasche im Laden nebenan …” Da möchte man sich ein Bier aufmachen. Es geht munter weiter mit den sachdienlichen Hinweisen: Frau könnte 90 Minuten lang mit “seiner” Kreditkarte Schuhe und Dessous online shoppen. Weil: “Da hat auch er was von. Sie sind beschäftigt, zufrieden und sehen danach richtig gut aus.” Wenn das nicht die eierlegende Wollmilchsau unter den Ratschlägen ist!

Ironiefrei nützlich ist indes der letzte Tipp der Frauenversteher von “Bild der Frau”: Die Damen sollten, während er vor der Glotze hockt, eine Therapiesitzung bei einem verständnisvollen Psychologen absolvieren.

Die könnte man nach der Lektüre derartiger Magazine wirklich brauchen – irgendwie muss man so viel Sexismus ja verarbeiten.

Der Artikel wurde bereits am 14. Juni 2014 als Kommentar auf diestandard.at veröffentlicht.

 

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