Eigentlich hätte es der Ausklang eines Abends werden sollen, der vielversprechend begonnen hatte. Anlässlich des „UNO-Solidaritätstages mit dem palästinensischen Volk“ präsentierte die englisch-palästinensische Tanzgruppe Al-Zaytouna im Odeon Theater ihre neue Inszenierung: „Unto the Breach – eine moderne Shakespeare Darstellung des Nahostkonfliktes“.
Außerhalb offizieller Veranstaltungen lässt in Wien die Solidarität auf sich warten – zumindest die Clubbing Szene hält nicht viel vom Gleichheitsgedanken:
Nach dem Auftritt wollten die Mitglieder von Al-Zaytouna gemeinsam mit den Veranstaltern ein wenig ins Wiener Nachtleben eintauchen. Schließlich landete man vor einer Wiener “Szene-Location”.
Hier findet jeden Samstag „Get Whipped“ statt: Eine selbsternannte Haute-vollée – vom betuchten Studierenden, bis zu der einen oder anderen PolitikerIn – lässt hier jedes Wochenende die Sektkorken knallen.
„Get Whipped“ – für die männlichen Mitglieder von Al-Zaytouna war der Name tatsächlich Programm: Der Clubbesuch endete bereits an der Türschwelle, denn die Betreiber dürften der Ansicht sein, dass von Menschen dunklerer Hautfarbe eine unerklärliche, beinahe mystische Gefahr ausgeht: Als man den Club betreten wollte, wurde man von den Securities mit der Begründung „man würde zu gefährlich aussehen“ nachhause geschickt.
“Racial Profiling” in der Wiener Clubszene kein Einzelfall
Welcome to Vienna! – für die Gruppe, die von Berlin bis Zürich schon durch ganz Europa tourte eine neuartige Erfahrung.
Allerdings ist diese Form des “Racial Profilings” keineswegs ein Einzelfall – im Gegenteil: Finden Hip-Hop oder RnB Veranstaltungen statt, setzt man auf mehr „Kontrast“. Gleichermaßen ist ein ähnliches Vorgehen bei zahlreichen anderen “Szene-Locations” in Österreichs weltoffenster Stadt zu beobachten. Dem Verein ZARA werden jährlich ähnliche Fälle rassistischer Einlasspolitik gemeldet:
“Der ZARA-Beratungsstelle für Opfer und ZeugInnen von Rassismus werden seit seiner Gründung 1999 kontinuierlich Fälle von rassistischer Einlasspolitik gemeldet. Besonders betroffen davon sind junge Männer, die aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit draußen bleiben müssen.” (Quelle)
Wiens kosmopolitisches Flair schafft es offensichtlich nicht über Reisebroschüren und Werbeeinschaltungen hinaus. Und das politische Klima, angeheizt von rechtsextremen Parteien und konservativen „ExpertInnen“ trägt nicht zur Horizonterweiterung bei, sondern lässt Wien in dem fahlen, morbiden Licht einer Biedermeier-Stadt dastehen, wo sich Orientalisten und Rassisten die Klinke in die Hand geben. Da bringen auch die behelfsmäßigen und oberflächlich zusammengezimmerten „Integrationsprojekte“ des Staatsekretärs – und wahrscheinlich zukünftigen Ministers – Sebastian Kurz wenig. Die in Wien tief sitzende Angst vor “dem Fremden aus dem Orient” reproduziert sich ständig und gibt der Stadt auch ein “einzigartiges Flair”. Ein Narrativ, der seit der Schlacht bei Mohács im 16. Jhdt. prägend ist.
Man darf gespannt sein, welche Reiseeindrücke Al-Zaytouna aus Wien mitnimmt und letztendlich auch hoffen, dass die Tanzgruppe reflektierter über ihren Aufenthalt berichtet. Denn ansonsten würde das zur Reproduktion des hartnäckigen Punschkrapfen-Stereotyps über die ÖsterreicherInnen beitragen: Außen rosa, innen braun.