Filmempfehlung: Alphabet von Erwin Wagenhofer

Nach „we feed the world“ und „lets make money“ widmet sich der österreichische Regisseur Erwin Wagenhofer in seinem neuen Dokumentarfilm einem anderen ambivalenten Thema: Bildung.

„Ich gehe in die 9. Klasse eines Hamburger Gymnasiums und habe ein Problem: Ich habe kein Leben mehr.“ Yakamoz Karabulut gilt als Musterschülerin und somit als alles andere als faul. „Ich bin hobbylos“, sagt sie, „nicht weil ich keine Interessen habe, sondern weil ich keine Zeit habe.“

Kreativität unerwünscht

Erwin Wagenhofer beschäftigt sich in seinem neuen Dokumentarfilm „Alphabet“ mit den verstaubten Bildungssystemen dieser Welt, die Kinder zu zukünftigen Arbeitskräften modellieren. So soll Schule Kinder ihrer Kreativität berauben und sie lediglich zu einem funktionierenden Teil der Ökonomie machen.

Wagenhofer will mit seinem Film nicht nur über schlechte Lehrunterlagen und überforderte LehrerInnen reden, sondern über unser Verständnis von Bildung selbst. Für die Protagonisten seines Films steht fest: Schule zerstört Kreativität. Sie lehrt nicht, wie Antworten zu finden sind, sondern dass es zu jeder Frage nur eine Antwort gibt.

PISA gilt als Maßstab für ein gutes Bildungssystem, China schneidet bei diesen Studien sehr gut ab. Die andere Seite der Medaille sieht aber anders aus: hohe Selbstmordraten vor Prüfungen und chronischer Schlafmangel bei Heranwachsenden.

Der Gitarrenbaumeister Andre Stern kennt solche Sorgen nicht. Er ist niemals zur Schule gegangen und hatte auch keinen Heimunterricht. Seine Eltern haben auf die natürliche Neugierde ihres Kindes gesetzt und ihn nie zum Lernen gezwungen, er wollte es als Kind selbst. Heute ist er unter anderem Autor und Journalist.

Lernen für die Industrie

Unser Bildungssystem stammt aus der Zeit der Industriellen Revolution und hatte deshalb vor allem ein Ziel: das (Unter-)Richten von Kindern für die Industrie. Seit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht hat sich daran kaum etwas verändert. Es werden Noten vergeben, Schülerwettbewerbe geführt: der Konkurrenzkampf gilt als Ansporn zu besserer Leistung. Wer nicht mithalten kann, bleibt sitzen.

Wagenhofer stellt in seinem neuen Film diese und andere grundlegende Probleme unseres Bildungssystems anhand der verschiedenen Protagonisten dar. Und während weiterhin mit Bildungsreformen kosmetische Veränderungen durchgeführt werden, lädt der Regisseur die ZuschauerInnen dazu ein das Bildungssystem selbst zu hinterfragen.

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=x1dHShxJ90U]

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